Bacchus jagt Rebkrankheiten
Region: BADENVon: Christoph Hofmaier
Hagel und Regen machen den Reben das Leben nicht einfach. Wie der Mensch den Grippeviren ausgeliefert ist, wird die Rebe von unterschiedlichsten "Krankheitskeimen" heimgesucht. Bacchus, eine Fachgruppe internationaler Wissenschaftler, will das ändern!
Vor dem Einzug der chemischen Keule richteten beispielsweise pilzliche Krankheiten wie der Falsche Mehltau (Plasmopara viticola) große Schäden an. Erst der chemische Pflanzenschutz konnte dem Pilz Einhalt gebieten. Wie beim Menschen entstehen allerdings auch bei Reben früher oder später Resistenzen gegen bestimmte Wirkstoffgruppen, die abermals mit neuen Wirkstoffgruppen gebrochen werden müssen. Ein bewährtes Mittel und vor allem im biologischen Weinbau unverzichtbar, war die Kupferspritzung, durch die der Pilz in seiner Entwicklung geschädigt und eingedämmt werden konnte. Nachteil dabei war, dass sich die Böden mehr und mehr mit Kupfer anreicherten.
Und wie beim Schnupfenmittel dämmt man mit den Fungiziden lediglich die Krankheitssymptome ein. Aus Erfahrung wissen die Winzer, dass der Pilz bestimmte klimatische Voraussetzungen für eine erfolgreiche Entwicklung benötigt. Schon im Frühjahr müssen beispielsweise bestimmte Temperaturen vorherrschen, damit der Pilz seinen Entwicklungszyklus fortsetzen kann und seine Sporen schließlich durch Regentropfen in die Laubwand geschleudert werden können. In der Laubwand bestimmen Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Blattnässe die Weiterentwicklung des Pilzes.
Solange es trocken ist, können die Pilzsporen auf dem Blatt nicht auskeimen. Regnet es jedoch, bestimmen u.a. Temperatur und Benetzungsdauer die schnelle oder weniger schnelle Entwicklung des Falschen Mehltaus, dessen Pilzgeflecht auf den Blattunterseite als weißer "Rasen" erkennbar ist. Daher ist der Winzer stets bestrebt, dem Pilz einen ungemütlichen d.h., relativ trockenen Lebensraum anzubieten. Die Entfernung von Blättern in der Traubenzone ist eine Maßnahme, um die Feuchtigkeit in diesem Bereich zu reduzieren und den Befall - ebenso mit Grauschimmel (Botrytis) - der kostbaren Beeren zu vermindern.
Aber nicht nur der Winzer beschäftigt sich mit dem Falschen Mehltau. Seit Jahren gibt es auf beiden Seiten des Rheins eine wissenschaftlich anspruchsvolle Grundlagen-Forschung zur Biologie dieser Rebkrankheit. Dieses Wissen über die Lebensweise des Krankheitserregers bietet die Möglichkeit, innovative Verfahren zur nachhaltigen Bekämpfung der Krankheit zu entwickeln.
Forschungseinrichtungen aus dem Elsass, der Nordschweiz, Rheinland-Pfalz und Baden, insgesamt 13 an der Zahl, wurden im INTERREG-Projekt "Bacchus" gebündelt. Prof. Dr. Hanns-Heinz Kassemeyer und Projektkoordinatorin Dr. Henriette Gruber vom Staatlichen Weinbauinstitut (Abteilung Biologie) in Freiburg koordinieren die Forschungsvorhaben und fügen die erzielten Forschungsergebnisse zusammen.
Finanzielle Träger sind die Albert-Ludwigs-Universität, Institut für Biologie, (Freiburg), das CNRS - Institut de Biologie Moléculaire des Plantes, (Strasbourg), das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin, (Neustadt a. d. W.), die INRA, UMR 1131 Santé de la Vigne et Qualité du Vin, (Colmar), das Julius-Kühn-Institut, Institut für Rebenzüchtung, (Siebeldingen), das Karlsruher Institut für Technologie, Botanisches Institut, die Université de Haute-Alsace, Laboratoire Vigne Biotechnologies et Environnement, (Mulhouse) und das Staatliche Weinbauinstitut, Abt. Biologie, (Freiburg). Als weitere Partner fungieren die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau, das Institut Français de la vigne et du vin, das Regierungspräsidium Freiburg und das Zentrum für Mikroskopie der Universität Basel. Bis Dezember 2014 stehen den Forscherinnen und Forschern 3.088190,00 EUR zur Verfügung.
Neben dem falschen Mehltau stehen pilzliche Holzkrankheiten wie Esca oder die virusverursachte Reisigkrankheit im Mittelpunkt der grenzüberschreitenden Kooperation. Manche dieser Krankheitserreger werden von Pflanzenschutzmitteln verschont, da es einfach keine gegen sie gibt. Dennoch weisen einige Wildrebenarten Resistenzen auf. Wäre es nicht phantastisch, sich diese zu Nutzen zu machen? Was passiert genau in den frühen Stadien der Infektion und wie könnte man die natürlichen Resistenzen aktivieren?
"Bacchus soll", so Projektkoordinatorin Dr. Gruber, „den Kontakt zwischen den Forschungseinrichtungen und der Bevölkerung fördern und dabei ganz konkrete Ergebnisse für die praktische Arbeit im Weinberg liefern!“ Eine Homepage soll demnächst über dem Stand der Forschung Auskunft geben und gezielt interessierte Weinkenner, Weinbaupraktiker und Wissenschaftler ansprechen. Hochwertige Bacchus-Panoramapostkarten sollen ferner ungewohnte Einblicke mit Darstellungen aus der Nano-Welt der Elektronenmikroskopie, der Mikro-Welt der Fluoreszenzmikroskopie und der Makro-Welt der Fotografie ermöglichen.