Weinjahrgang übertrifft Qualitätserwartungen
Region: MOSELVon: Pressemeldung
Die Weinlese in den Steillagen an Mosel, Saar und Ruwer ist in der ersten Novemberwoche zu Ende gegangen. "Das ist ein verrückter Jahrgang, den es in dieser Form noch nicht gegeben hat", zieht Annegret Reh-Gartner vom Weingut Reichsgraf von Kesselstatt eine Bilanz, die von den meisten ihrer Winzerkollegen im Gebiet geteilt wird.
"Unsere Erwartungen an die Qualität wurden weit übertroffen", sagt Ökonomierat Adolf Schmitt, Vorsitzender des Moselwein e.V. Mit Unverständnis reagieren viele Winzer der Region deshalb auf die negative Bewertung des Weinjahrgangs 2010 in einigen Medienberichten.
"Noch während die Ernte bei uns in vollem Gange war, wurden vorschnell negative Schlagzeilen über den deutschen Weinjahrgang 2010 produziert, die nicht der Situation in unserem Weinanbaugebiet entsprechen", stellt Ökonomierat Schmitt fest.
Die Berichte über Traubenfäulnis und hohe Säure zeichnen ein undifferenziertes Bild der deutschen Weinernte. "Viele unserer Weingüter haben den Großteil ihrer Rieslingtrauben erst in den vergangenen zwei Wochen gelesen", sagt Schmitt und ergänzt: "Während südeuropäische Produzenten ihren 2010er Weinen im Keller Säure zusetzen, verfügen unsere Weine über eine natürliche, im Weinberg entstandene Fruchtsäure. Da fragt man sich, was für den Wein besser ist." Hohe Säurewerte bei früh geernteten Trauben werden durch önologische Verfahren oder biologischen Säureabbau reduziert.
Der spät reifende Riesling in den Steillagen von Mosel, Saar und Ruwer profitierte dagegen im Oktober von vielen Sonnentagen und weitgehend trockenem Wetter. Die Hauptlese des Riesling begann um den 10. Oktober.
Nur an einzelnen Tagen wurde die Ernte von Regen unterbrochen, weitgehend herrschte "goldenes" Oktoberwetter mit sehr unterschiedlichen Temperaturen: Zunächst dominierte kühler Ostwind, dann wurde es mit bis zu 16 Grad Celsius Ende Oktober wieder sehr mild. Die Trauben waren je nach Weinberg und Lesezeitpunkt in sehr unterschiedlichem Zustand.
Gesundes Lesegut hatte sehr gute Mostgewichte um die 90 Grad Oechsle bei moderatem Fruchtsäuregehalt von 9 bis 12 Gramm pro Liter. "Die Moste zeigen bereits während der Gärung eine wunderbare Aromatik", sagt Annegret Reh-Gartner. Generell erwarten die Moselwinzer vom 2010er sehr fruchtige Weine mit erfrischender Fruchtsäure. In Beeren, die mit der Edelfäule Botrytis befallen waren und durch Sonne und Wind zu Rosinen schrumpften, spielte sich ein enormer Konzentrationsprozess ab, der auch die Erntemenge schrumpfen ließ. Hohe Mostgewichte von 120 Grad und mehr bei gleichzeitig hoher Fruchtsäure werden dem edelsüßen 2010er Riesling einen Eiswein-Charakter verleihen.
Die vielfach an Mosel, Saar und Ruwer geernteten Beeren- und Trockenbeerenauslesen des Jahrgangs 2010 versprechen Weine mit großem Lagerpotenzial. "Die sauberste und klarste Botrytis seit Jahrzehnten ermöglicht es uns, Top-Süßweine auszubauen", kommentiert Saarwinzer Florian Lauer. "Daneben kann sich der Weintrinker auf geschmacklich trockene Weine freuen, die weniger im Charakter, jedoch qualitativ allemal an den 2009er anschließen werden. 2010 wird nicht nur gute, sondern sehr gute Weine hervorbringen - unabhängig davon, was andere Regionen in Europa vermelden", lautet das Fazit des jungen Winzers.
Die Erntemenge an der Mosel ist mit geschätzten 675.000 Hektolitern die kleinste in den vergangenen Jahrzehnten. Viele Winzer ernteten weniger als die Hälfte eines durchschnittlichen Jahrgangs. Wichtigster Grund für die niedrige Menge war der uneinheitliche Blüteverlauf. Viele Weinblüten wurden aufgrund kühlen und nassen Wetters im Juni nicht befruchtet.