Statut der Prädikatsweingüter zur Klassifikation von 2002
"Grosse Gewächse" - "Erste Gewächse" und "Klassifizierte Lagenweine"
"Als Ausdruck ihrer Verantwortung für Spitzenweine und die Kulturlandschaft, die geprägt sind von einzigartigen Weinbergslagen, haben es sich die Prädikatsweingüter zur Aufgabe gemacht, die Profilierung Grosser Weine aus deutschen Spitzenlagen zu garantieren.
Die Hervorhebung von Spitzenlagen ist ein unabdingbarer Schritt für den Anbau von Weinen mit besonderem, eigenständigem Charakter, die das jeweilige "Terroir" ihrer Herkunft und die besondere Sorgfalt und Leidenschaft der Winzer widerspiegeln.
Die Regionen sind entsprechend den unterschiedlichen örtlichen Voraussetzungen mit dieser Aufgabe sorgfältig umgegangen. Entstanden ist ein einheitliche Grundrahmen, der für alle Güter, die Grosse Gewächse erzeugen wollen verbindlich ist.
Dieser Standard berücksichtigt und fördert die notwendigen regionalen Unterschiede und damit die Erzeugung von unverwechselbaren Weinen höchster Qualität. Im Rahmen dieses Standards können sich die Regionen/Teilregionen frei bewegen und höhere Anforderungen stellen (z.B. Hektarerträge, Lagenverbrauch, Mostgewichte).
Stufen der Klassifizierung
Die Regionalverbände klassifizieren sorgfältig und in eigener Verantwortung, in enger Abstimmung mit den bereits klassifizierenden Mitgliedern ihre Lagen (oder Teile von Lagen).
Daraus ergeben sich die folgenden Stufen der Qualitätspyramide:
I. Grosse Gewächse / Erste Gewächse (im Rheingau)
II. Klassifizierte Lagenweine
III. Guts- und Ortsweine
I. Grosse Gewächse / Erste Gewächse
Die Weine stammen aus klassifizierten, eng eingegrenzten Ersten Lagen, in denen optimale Wachstumsbedingungen herrschen und aus denen nachweislich über lange Zeit Weine mit nachhaltig hoher Reife erzeugt wurden.
Eine Liste der abgegrenzten Ersten Lagen aller Regionen wird beim Bundesverband geführt. Diese Lagenlisten können entsprechend neuer Erkenntnisse fortgeschrieben werden.
Die Erzeugung von Grossen Gewächsen ist freiwillig
Wer aus den Reihen der Prädikatsweingüter von Grossen Gewächsen spricht, dem dient das nachfolgende Schema als verbindlicher Rahmen.
1. Rebsorten
GROSSE GEWÄCHSE werden ausschließlich aus regional festgelegten und eng definierten traditionellen Rebsorten gewonnen.
Mosel-Saar-Ruwer: Riesling
Nahe: Riesling
Württemberg: Riesling, Lemberger, Spätburgunder
Mittelrhein: Riesling
Baden: Riesling, Spätburgunder, Weiß- und Grauburgunder
Rheingau: Riesling, Spätburgunder
Rheinhessen: Riesling, Spätburgunder
Pfalz: Riesling, Weiß- und Spätburgunder
Franken: Riesling, Silvaner, Spät- und Weißburgunder
Ahr: Frühburgunder, Spätburgunder
Sachsen: Riesling, Weißburgunder, Traminer
Saale-Unstrut: Riesling, Weißburgunder
2. Ertrag
Auf Flächen, die für die Erzeugung von Grossen Gewächsen gemeldet sind, ist die Erntemenge auf einen Ertrag von 50 hl pro Hektar beschränkt.
3. Leseverfahren
Grosse Gewächse werden durch selektive Handlese geerntet.
4. Oenologische Werte
Das Lesegut für Grosse Gewächse muss zumindest Spätlesequalität haben.
5. Produktionsverfahren
Grosse Gewächse dürfen ausschließlich mittels traditioneller Produktionsverfahren erzeugt werden.
6. Kontrolle / Prüfung
Neben der üblichen VDP Betriebsprüfung unterliegen Grosse Gewächse zusätzlicher Kontrolle und Prüfung:
Die qualitätsorientierte Arbeit im Weinberg, insbesondere die Kontrolle der Weinberge hinsichtlich des Ertragsniveaus, wird in jedem Weinberg vor der Lese überwacht.
Alle Weine werden strengen zusätzlichen organoleptischen Prüfungen unterzogen
7. Vermarktung
Weiße Grosse Gewächse dürfen ab September des auf die Lese folgenden Jahres vermarktet werden
Rote Grosse Gewächse dürfen ab September des zweiten auf die Lese folgenden Jahres vermarktet werden.
8. Kennzeichnung
Zur deutlichen Kenntlichmachung und zwecks einheitlichen Auftretens wird der Bundesvorstand ermächtigt, eine Ausstattungsordnung zu erlassen. Diese enthält genaue Regeln zu folgenden Anforderungen:
- Es wird eine eigene Grosse Gewächs Flasche mit Prägung des Zeichens für Grosse / Erste Gewächse entwickelt. Das Grosse Gewächs wird immer in Sonderflaschen mit dem Zeichen für Erste Lagen gefüllt. Es gibt 4 Flaschenarten für 0,75 Ltr.Abfüllungen: Schlegelflasche (350 mm) in grün und braun, Bocksbeutel und Burgunderflaschen.
- Alle Grossen Gewächsflaschen tragen ein Schmucketikett und die VDP Kapsel mit dem Traubenadler.
- Auf dem Schmucketikett müssen mindestens Lage und Weingut stehen und maximal Jahrgang, Lage, Rebsorte, Weingut, Ort und Gebiet. Die gesetzlichen Angaben befinden sich auf einem gesonderten Etikett.
9. Geschmackstypus
Grosse Gewächse sind geschmacklich trockene Weine.
Betriebe, die Grosse Gewächse erzeugen, verzichten auf „Auslese trocken“ in der gleichen Lage und der gleichen Rebsorte, aus der sie große Gewächse erzeugen.
Edelsüße Weine ab Prädikat Auslese die das Statut erfüllen, tragen derzeit nicht die Bezeichnung und Ausstattung Grosses Gewächs sind diesen Weinen jedoch gleichgestellt.
II. Klassifizierte Lagenweine
Die VDP Mitglieder zeichnen ihre klassifizierten Lagen dadurch aus, dass sie spätestens ab dem Jahrgang 2004 nur noch diese Lagennamen auf dem Etikett benennen und auf die Verwendung anderer Lagennamen verzichten. Die Typizität und Originalität der Lage muss im Wein erkennbar sein. Die Fertigstellung der Lagenlisten und die Einführung Klassifizierter Lagenweine erfolgt in allen Regionen bis spätestens Mitte des Jahres 2004. Die Einführung erfolgt in einzelnen Regionen bereits zu einem früheren Zeitpunkt.
Die nachfolgenden Regeln zur Erzeugung von Klassifizierten Lagenweinen und damit zur Verwendung von Lagenbezeichnungen überhaupt, sind ab dem Jahrgang 2004 für alle VDP Prädikatsweingüter verbindlich.
1. Rebsorten
Klassifizierte Lagenweine werden aus regional festgelegten Rebsorten erzeugt.
2. Ertrag
Für klassifizierte Lagenweine ist die Erntemenge auf einen Ertrag von 65 hl pro Hektar beschränkt.
3. Leseverfahren
Klassifizierte Lagenweine müssen entsprechend der Reifeentwicklung der Trauben durch selektive Lese geerntet werden.
4. Oenologische Werte
Klassifizierte Lagenweine müssen aus vollreifem Lesegut erzeugt werden und die Qualität der Weine muss sensorisch nachvollziehbar sein.
5. Kontrolle / Prüfung
Im Rahmen der organoleptischen VDP Betriebsprüfung muss das allgemeine Qualitätsniveau und insbesondere das der klassifizierten Lagenweine sichergestellt werden.
6. Kennzeichnung
Klassifizierte Lagenweine erkennt man an der Lagenbezeichnung auf dem Etikett in Verbindung mit dem Traubenadler auf der Kapsel.
III. Guts- und Ortsweine
Guts- und Ortsweine bilden die Basis der Prädikatsweingüter.
Sie werden entsprechend der Satzung und Qualitätsrichtlinien erzeugt, jedoch ohne Lagenangabe vermarktet.
Schlussbemerkung
Alle näheren Definitionen werden von den Regionalverbänden in der jeweiligen Prüfungsordnung festgelegt. Der VDP Bundesverband respektive die Regionalverbände, die bereits klassifizieren (Klassifikationsausschüsse), überprüfen anhand dieser Klassifikationsgrundsätze die Anträge von Regionen, die sich für eine Klassifikation entscheiden."
Was ist der Unterschied zwischen GROSSES GEWÄCHS, ERSTES GEWÄCHS und ERSTE LAGE? (im Folgenden abgekürzt: GG, EG, EL) ?
Zunächst: Im Bezug auf die strengen Erzeugungskriterien (parzellenscharfe Abgrenzung der Lagen, Hektarhöchstertrag 50 hl, Mostgewichte mindestens spätlesegeeignet, usw.) fügen sich alle Weine der ersten Stufe in den vom VDP Bundesverband im Sommer 2002 verabschiedeten Klassifikationsrahmen ein.
Die unterschiedlichen Begriffe "Grosses Gewächs" und "Erstes Gewächs" begründen sich allein darin, dass der Rheingau als einziges deutsches Weinbaugebiet bereits eine gesetzlich legitimierte Gütezeichenverordnung geschaffen hat und darin der Begriff "Erstes Gewächs" für den Rheingau reserviert wurde. Der Begriff "Erstes Gewächs" steht daher nicht den klassifizierenden Prädikatsweingütern anderer Regionen offen. Diese nutzen gemäß dem privatrechlicher VDP-Klassifikations-Statut den Begriff "Grosses Gewächs".
"Grosse Gewächse" und "Erste Gewächse" sind geschmacklich trocken. Ihnen gleichgestellt sind die edelsüßen Spitzenweine (Auslesen, Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen, Eisweine)
An Mosel-Saar-Ruwer wird der Begriff "Erste Lage" für die Spitzenkategorie verwendet. Dieser verdeutlicht, dass das Klassifikationsmodell den speziellen Terroir-Gegebenheiten an Mosel, Saar und Ruwer angepasst wurde und den taditionellen Weinstil der Region berücksichtigt. Das Modell "Erste Lage" legt klare Geschmacksdefinitionen für die einzelnen Prädikate fest: "Erste Lage" Weine umfassen gehaltvolle, trockene Qualitätsweine, subtile, leichte Kabinette, fruchtige, elegante Spätlesen und komplexe, edelsüße Auslesen. So kann sich ein Weinberg je nach Jahrgang, Besonderheiten in der Bodenstruktur und kulturellem Erbe in verschiedenen Geschmacksbidern optimal präsentieren.
Quelle: VDP
Anmerkung:
Warum "Grosses Gewächs" mit "ss"? Aus Rücksicht für den Export? Warum dann aber Gewächs mit "ä" ?
"Grosses Gewachs" klingt allerdings auf Deutsch auch nicht so gut.
Christoph Hofmaier