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Deutschland - Eisweinlese 2003

Eiswein krönt den Superjahrgang

Erfolgreiche Eisweinernte dank frostiger Winzer-Nachtschicht

Der extrem hohe Einsatz, den die Winzer beim diesjährigen Eisweinpoker mit ihren kostbaren Trauben des Ausnahmejahrgangs einbrachten, wurde belohnt, denn in den letzten Nächten war es wieder soweit: Bei Temperaturen zwischen minus 6 und minus 11 Grad ernteten einige wenige Winzer die letzten Trauben des Superjahrganges 2003.

Schlossgut Diel an der Nahe beispielsweise hat bei -11 Grad am Morgen des 8. Dezember in den Lagen Goldloch und Burgberg die steinhart gefrorenen Trauben gelesen. Auch an der Ahr entschied die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr den Eisweinpoker am Altenahrer Eck zu ihren Gunsten. Mit 156 Grad Oechsle floss der Most, hochkonzentriert wie Sirup von der Kelter. In der Nacht zum Dienstag, war es auch im Rheingau so weit: Das Weingut Ress las im Engelsmannsberg auf Hattersheimer Gemarkung einen Riesling-Eiswein mit 138 Grad Öchsle - dieser Weinberg bescherte Ress seit 1998 ununterbrochen alljährlich einen Eiswein. An der Mosel beschloss der Winzer Markus Fries aus Noviand sein Weinjahr bei -8,5 Grad Celsius und einem Riesling-Eiwswein mit 123 Grad Öchsle.

Bis Januar, in seltenen Fällen auch bis Februar kann das Spiel Winzer gegen die Natur dauern. "Für den Winzer geht es dabei um alles oder nichts, denn der Eisweinpoker birgt das Risiko des Totalverlustes, insbesondere in diesem Jahr mit seinem milden Spätherbst," betont das Deutsche Weininstitut (DWI), Mainz. Nur etwa 10 Prozent der ursprünglichen Ausgangsmenge ergeben im langjährigen Mittel auch den gewünschten Eiswein in der Flasche. Die restliche Traubenmenge wird selektiv herausgeschnitten oder fällt den unberechenbaren  Witterungsumständen zum Opfer.

Das Meisterstück des Winzers

Die eigentliche Eiswein-Lese, oft in den frühen Morgenstunden, ist anstrengend. Die Kälte macht die Finger starr und schmerzempfindlich. Mühsam werden die gefrorenen Beeren gelesen, am Ende liegt die Erntemenge zwischen 3 und 5 Hektoliter pro Hektar. Dennoch sind die Eisweine für den Winzer immer wieder eine Herausforderung, der er sich kaum entziehen kann. Das Nischenprodukt ist nämlich nicht nur immer wieder ein Meisterstück des Winzers, sondern auch der Beweis, dass gerade in kälteren Weinregionen extraktreiche, konzentrierte Weine produziert werden können.

Die Beere muss am Rebstock gefrieren

Ob schon die Römer, die vor mehr als 2000 Jahren im Weinbau Pionierarbeit geleistet haben, auch den Eiswein kannten, ist nicht sicher. Urkundlich nachweisbar ist der Eiswein seit etwa 200 Jahren. Von einer intensiven Vinifikation und Vermarktung kann aber erst seit einigen Jahrzehnten gesprochen werden. Erst mit einer Novellierung des Weingesetzes 1982 wurde der "Eiswein" zu einer eigenständigen Prädikatsstufe erhoben und ein Mindestmostgewicht festgelegt, das mindestens dem einer Beerenauslese entsprechen muss, nämlich je nach Anbaugebiet 110 bis 128° Oechsle. Im Unterschied zu den anderen edelsüßen Weinen wie Auslesen, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen liegt das Geheimnis der Eisweine in der dichten Konzentration der Beeren-Inhaltsstoffe und einem vergleichsweise hohen Säuregrad. Ein Phänomen, das durch das Gefrieren der Beeren am Rebstock erreicht wird.

 Mindestens minus 7 Grad Celsius braucht es, bevor die Eiswein-Trauben gelesen werden dürfen, idealer weise sind es minus 10 bis minus 12 Grad Celsius. Die natürlich gefrorenen Trauben werden in diesem "eisigen" Zustand noch am frühen Wintermorgen gekeltert. Das in den Beeren enthaltene Wasser bleibt so als Eis auf der Kelter zurück, während nur der süßeste Saft, dessen Gefrierpunkt tiefer liegt als der von Wasser, als hoch konzentrierter Most gewonnen wird.

Eiswein ist kein Zufallsprodukt

Viel ist aus den steinhart gefrorenen Trauben nicht mehr herauszupressen, Qualität geht vor Quantität. Das bedarf einiger Vorbereitungen und eines besonderen Engagements des Winzers, denn Eiswein ist kein Zufallsprodukt. "Ein striktes und straffes Qualitätsmanagement im Weinberg und spezielle Kultivierungsmaßnahmen während des ganzen Vegetationsjahres sind für einen großen Eiswein Voraussetzung: Ertragsreduzierender Rebschnitt im Frühjahr und eine strenge Selektion der Trauben vor der eigentlichen Lese gehören dabei zum Mindeststandard," erläutert das DWI die hohe Wertigkeit der Spezialität.

Haben die Trauben die Vollreife erreicht, werden die Eisweinparzellen zum Teil entblättert und in Folie eingepackt. Diese dient in erster Linie dem Schutz vor Vogelfraß und wurde zuerst in den sechziger Jahren eingesetzt. Ohne den Folienschutz würden bis Dezember oder gar Januar keine Trauben mehr am Stock verbleiben. Klimatische Veränderungen - wie immer wieder behauptet - können mit der Folie nicht erreicht werden.

Ein großer Eiswein braucht gesunde Trauben

Passionierte Eisweinwinzer achten peinlich genau auf ein gesundes Lesegut ohne Botrytis-Befall, der für die sogenannte Edelfäule verantwortlich ist. Denn ein großer Eiswein braucht vor allem möglichst gesunde Trauben als Ausgangsmaterial. Und genau hier liegt auch der geschmackliche Unterschied zu den anderen edelsüßen Gewächsen wie Beerenauslese und Trockenbeerenauslese. Ein hochwertiger Eiswein weist nicht die geschmacklichen Charakteristika der Edelfäule auf. Das gesunde Traubengut garantiert vielmehr einen frischen und konzentriert fruchtigen Geschmack, dazu verfügen die Weine in der Regel über eine relativ stabile Säure. Eisweine sind daher auch schon in jungen Jahren ein Genuss.


Der krönende Abschluss eines kulinarischen Abends

Eiswein ist der grandiose Begleiter festlicher Anlässe und ein hervorragender Aperitif, der Gourmets in Verzückung geraten lässt. Wenn das Menü sich vollendet, verspricht der Eiswein ein glanzvolles Finale: Er empfiehlt sich gemäß der Regel: gleich und gleich gesellt sich gern - besonders zu fruchtigen Desserts, Eis oder Sorbets.

Eine interessante Komposition ergibt - selbst wenn es vielleicht zunächst unglaublich klingt, - der Genuss mit reifem Edelschimmelkäse: Auf der einen Seite die salzigen bis leicht bitteren Noten des cremigen Käses, auf der anderen Seite die fruchtig süßen Aromen des konzentrierten Weines, der geschmeidig Gaumen und Zunge umhüllt, addieren sich zu einem außergewöhnlichen Geschmackserlebnis.

Die wenigen, die ihr Weinjahr mit einem 2003er Eiswein krönen können, werden ihren Wein rationieren müssen, damit er nicht schon im Fass ausverkauft ist.

Text: DWI, Photos: Archiv, © Armin Faber
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