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Bordeaux und der Rest der Welt

dpa- Meldung: "Bordeaux für´s Herz/Nur französischer Rotwein hält die Arterien sauber" 10.10.06

Auch deutscher Wein schützt das Herz

In mehreren renommierten Tageszeitungen konnte man vor einigen Tagen lesen: „NUR französischer Rotwein schützt das Herz“. Diese Meldung hat viele Weinfreunde verunsichert.

Auf der Herbsttagung der Dt. Gesellschaft für Kardiologie wurde von einem Mainzer Pharmakologie-Professor über neuste Untersuchungen an Zellkulturen berichtet. Nach Beträufeln von Wein hatte er die Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) gemessen – ein wichtiger Mediator bei der Verminderung von Gefäßspannung und Vermittlung der Gefäßerweiterung.

Höchste derartige Zell-Aktivitäten fand man nach Behandlung mit französischem Wein. Die begleitende Pressemeldung wurde dankbar deutschlandweit angenommen: Bordeaux für´s Herz – und NUR Bordeaux!

„Von Zellkulturen derart kess auf in vivo – den ganzen „weintrinkenden“ Organismus – zu extrapolieren, ist wissenschaftlich Unsinn und die gezogenen Rückschlüsse verletzen Grundsätze des ethisch verantwortlichen medizinischen Denkens und Handelns“, so der Kommentar von Wissenschaftlern der Deutschen Weinakademie.

Ist doch dieser Faktor NO – Stickstoffmonoxid - nur einer von vielen Puzzlesteinen im Geschehen des Herzschutzes von Wein. Aber die Deutung dieser Einzelergebnisse – wie im vorliegenden Fall geschehen - ist leichtsinnig und unseriös.

Völlig ignoriert wurde, dass der Weintrinker mehr ist als eine Zellkultur und die Bestandteile des Weins bis zu ihrem zellulären Wirkort erheblicher Umwandlung unterworfen sind, d.h. die Forschergruppe aus Mainz hätte zumindest auch Versuche mit den entsprechenden Metaboliten machen müssen.

Kein Wort auch zu den anderen – belegten – wichtigen Wirkungsvorgängen: z.B. das für eine Gefäßverkalkung wichtige LDL-HDL-Cholesterinverhältnis im Blut oder die Viskosität des Blutes oder oder oder...

Zudem konnten bislang zahlreiche prospektive Studien weder Unterschiede zwischen Rotweinen aus verschiedenen Ländern oder zwischen Rot- und Weißwein zeigen. Auch alle, die sich von bestimmten Rebsorten Vorteile versprachen, wurden enttäuscht.

Repräsentativ sei die größte und aussagefähigste Langzeitstudie zu dieser Fragestellung erwähnt - die des Kaiser Permanente Medical Centers in Oakland (Kalifornien) mit insgesamt fast 130.000 Erwachsenen.

 

Ergebnis:

a: Die Weintrinker zeigten gegenüber Bier- und Spirituosenliebhabern– wie in vielen anderen Studien - die stärksten gesundheitlich positiven Effekte!

b: Hinsichtlich der Weinarten fand man keinen Unterschied: Die protektiven Effekte waren in gleicher Weise für Weißwein wie für Rosé oder Rotwein, ja sogar für Sekt bzw. Champagner zu beobachten.

DEN Wunderstoff im Wein gibt es nicht.

Verständlich, dass man danach sucht, wenn man Pharmakologe ist: Aber Wein ist KEIN Medikament! Es ist ein landwirtschaftliches Produkt, ein Kulturgut mit Genuss- UND – wissenschaftlich belegtem - Gesundheitswert.

Quelle: Forum Wein & Gesundheit

 

Anmerkung GermanWine.de:

Nicht wenige Autoren gehen davon aus, dass es sich bei Weintrinkern um eine Personengruppe handelt, die allgemein einen anderen Lebenswandel (Ernährung, Sportaktivität usw.) führt als die Vergleichsgruppen.

Photo: Hofmaier.com
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