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Sommelier-Union Deutschland sieht Weinkultur nicht in Gefahr

Coburg, 23. Januar 2006. Die Sommelier-Union Deutschland sieht nach der Unterzeichnung des EU-USA-Weinhandelsabkommens über industrielle Weinbereitungsmethoden keinen Grund zur Panik. "Es muss jetzt kein Erwachen mit Kopfschmerzen geben.

Erzeuger von Spitzenweinen auf der ganzen Welt werden an den traditionellen Produktionsmethoden festhalten und damit dem konformen Industriewein individuelle Qualität mit Handschrift entgegen stellen", sagt Bernd Glauben, Präsident des Interessenverbands der Sommeliers, in dem rund 900 Mitglieder organisiert sind. Im Gegenteil.

Glauben sieht in dem Abkommen eine Chance für deutsche Winzer, Tradition neu zu definieren und mit Leben zu füllen. Gerade in der anhaltenden Diskussion über das Potenzial und die Möglichkeiten des Terroirs, bei der es in erster Linie um Individualität und Authentizität von Qualität geht, sei die Abgrenzung von industriell gefertigten Kunstweinen ein wichtiges Marketing-Instrument. Allerdings müsse der Verbraucher über die unterschiedlichen Herstellungs-Methoden besser aufgeklärt werden, meint Glauben. "Das geht nicht allein übers Etikett, hier muss von Seiten der Winzer und der Gastronomie deutliche Aufklärungsarbeit geleistet werden".

Glauben fordert daher einen offensiven Umgang mit den neuen Produktionsmethoden wie etwa der Fraktionierung. (Dabei kann durch Umkehrosmose oder Vakuumdestillation der Wein in so genannte Fraktionen (Einzelbestandteile) zerlegt werden, problematische Bestandteile abgetrennt und das gereinigte Element wieder dem Ausgangsprodukt zugeführt werden). "Auch wenn die natürlichen Bausteine erhalten bleiben, muss man sich fragen, ob das Endprodukt noch Wein im Sinne unserer Weinkultur ist." Allerdings warnt Glauben davor, neue Herstellungsmethoden per se zu verteufeln. "Eine kritische, wenn möglich öffentliche Auseinandersetzung ist gefragt, denn wir können aufgrund der unterschiedlichen klimatischen Voraussetzungen nicht alle weltweiten Wein-Produktionsmethoden an unseren deutschen Vorstellungen messen".

Allerdings soll der Verbraucher ganz klar wissen, was er für sein Geld bekommt: Industrie oder Handwerk. Dass es für beide Methoden einen Markt gibt, davon ist Bernd Glauben überzeugt. Ohnehin seien industriell produzierte Weine längst in deutschen Discountern und Supermärkten präsent. Die "Geiz-ist-geil-Welle" habe nicht vor den Weinregalen Halt gemacht. Nationale und internationale Weine unter 2 Euro die Flasche seien keine Seltenheit, für manchen Weintrinker sogar die Regel. "Dafür kann man nun mal kein handwerklich produziertes Gewächs, womöglich noch jahrlang im Barrique gereift, verlangen", sagt Glauben.

Der Verbraucher wisse aber spätestens nach dem Fleischskandal, dass Qualität nicht kostenlos zu bekommen sei. "Auch Holz-Chips im Wein sind – wie alle neuen Herstellungsverfahren - nicht gesundheitsschädlich, es ist eine Frage des Geschmacks und emotionale Ansichtssache, ob das ein Weinfreund mit seiner Vorstellung von Weinkultur unter einen Hut bringen kann", sagt der Präsident der Sommelier-Union abschließend.

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