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Weinjahrgang 2006 in Baden

Besser als befürchtet - Winzer mit Jungweinen sehr zufrieden

Autor: Dieter Simon

Baden, 21.10.06. Noch Ende September hallten Unkenrufe durchs Land, auf Grund des vielen Regens. Doch dann kamen die ersehnten zwei Wochen goldener Oktober. Geduld und Arbeit wurden belohnt. Inzwischen ist die Lese abgeschlossen und man kann die ersten Jungweine probieren.

Nun lässt sich mehr sagen, und die Mienen der Winzer hellen sich deutlich auf. Kellermeister Urban Laible, Winzergenossenschaft Waldulm, sieht den Jahrgang sehr positiv. Bis zu schönen Spätlesen hat er eingelagert: "Die zwei Wochen goldener Oktober haben es gebracht."

In der Tat waren viele Trauben von Fäulnis bedroht. In der dritten Septemberwoche war die Lese abrupt über die Winzer hereingebrochen. Der Regen als solcher war nicht so schlimm, jedoch die feuchtwarmen Nächte. Unglaublich viel Sortierarbeit, Traube für Traube, selbst Teile von Trauben, waren gefragt. Doch nicht alles erwies sich als Sauerfäule, vieles war auch Edelfäule, die, sofern sie nicht in Übermengen auftritt, durchaus positiv wirkt.

Die Beeren schrumpfen dann ein, was Öchsle und Extrakte erhöht. Kellermeister Christian Idelhauser, Winzergenossenschaft Zell-Weierbach: "Für die Winzer war es eine anstrengende Lese. Doch wir haben nur gute und gesunde Trauben bekommen. Die faulen liegen in den Weinbergen am Boden." Auch Laible bestätigt: "Die Waldulmer Winzer haben sehr diszipliniert gelesen." Der Spätburgunder ist mit dem Wetter am besten fertig geworden. Martin Zotz vom Weingut Julius Zotz in Heitersheim bringt es auf den Punkt: "Die Burgundersorten sind die Gewinner das Jahres."

Nicht nur mit den Rotweinen zufrieden, sondern auch mit seinen schönen "Weinschlotzer-Gutedel": Kellermeister Marco Ritzenthaler, Weinkeller Ehrenkirchen (links). Regent-Lese in Auggen (rechts).

So war das Endergebnis viel besser als die ersten Unkenrufe. Geschäftsführer Thomas Basler von der Winzergenossenschaft Auggen geriet bei der Befragung geradezu ins Schwärmen: "Selten hatten wir so schöne Spätburgunder wie dieses Jahr, viele Partien mit über 90° Öchsle. Die Jungweine zeigen sich sehr farbintensiv jetzt schon mit kräftiger Burgunderglut." Kellermeister "Von dem Katastrophenszenario haben wir nichts mitbekommen", berichtet Martin Bäuerle in Oberkirch, "wir erhielten nur perfektes Lesegut: hochreife, superfarbige Trauben."

Bei Gewürztraminer durfte die Oberkircher Winzergenossenschaft sogar nur Auslesen einlagern, bei Müller-Thurgau bis hin zur Trockenbeerenauslese. Lockere Trauben, die bei Regen schneller abtrocknen, waren die Gewinner. Bäuerle: "Durch Ausblasen mit Druckluft am Ende der Blüte zielen wir auf lockere Trauben." Dieses Verfahren, sonst zum Entfernen der Blätter in der Traubenzone entwickelt, wird in Oberkirch von vielen Winzern auch schon am Ende der Blüte eingesetzt, um die Trauben auszudünnen. Außerdem seien höhere Lagen, wo die Trauben später reifen, ohnehin im Vorteil gewesen.

Der ganze Herbst erwies sich als Pokerspiel zwischen stark schrumpfender Menge, weil faule Trauben gnadenlos aussortiert werden mußten, und reifem Lesezeitpunkt. Thomas Basler: "Der Herbst hat Nerven gekostet. Wir haben voll auf Risiko gespielt und gewonnen." Doch ein weinendes Auge mussten die badischen Winzer verschmerzen: Viele gaben an, vergleichsweise 20% weniger geerntet zu haben.

Als besonders schwierige Sorte erwies sich der sonst spätreifende Riesling, der – absolut ungewöhnlich – vielfach vor oder zumindest mit den Burgundern gelesen werden musste. Allerdings ist Riesling die Sorte, der etwas Edelfäule durchaus steht. So ist Kellermeister Christoph Zeidler von der Baden-Badener Winzergenossenschaft  - über 50% Riesling - mit seinen Jungweinen absolut zufrieden: "Der Schnitt lag bei 80° Öchsle, für Riesling sehr gut, viele Weine im Kabinettbereich, manche Spätlesen!

Die Jungweine zeigen sich fruchtig, mit einer reifen Rieslingsäure." Dies bestätigt auch Thomas Männle vom Durbacher Weingut Andreas Männle, wo man Riesling bis 97° Öchsle einbringen durfte: "Der viele Regen hat in den Beeren die sonst eher markantere Säure herabgesetzt. Dennoch zeigen die Weine einen schönen Extrakt, weil die Rebe über das Wasser mehr Mineralstoffe aufnimmt und diese in den Beeren wieder einlagert hat." So dürfen sich die Weinfreunde auf elegante, reife und nicht zu säurebetonte Rieslinge freuen.

Kellermeister Marco Ritzenthaler vom Weinkeller Ehrenkirchen zu seinen jungen Gutedelweinen, der Leitrebe im badischen Markgräflerland: " Die Weine prägen sich jetzt schon im Glas schön aus. Es ist der moderne Gutedeltyp mit Duft nach frischen Äpfeln und einer eleganten, reifen Säure. Weine zum Schlotzen!" Auch Martin Zotz sieht bei seinen Gutedel ein schönes Aromapotenzial.

Alles in allem konnten die badischen Winzer durch viel Einsatz bei der Lese und dem gewonnenen Poker mit einem doch noch goldenen Oktober einen schönen Weinjahrgang einbringen: Weine für die "Schlotzer" mit einigen Spitzentropfen, erkauft mit Verlusten bei der Menge.

Photos: Dieter Simon
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