23.August 2012

Steinzeit & Hightech – das neue Weingut Abril

Von: Christoph Hofmaier

Vogtsburg-Bischoffingen. Steht man oben auf dem Enselberg mit Blick auf Bischoffingen im Badischen Kaiserstuhl, kann man es schwerlich übersehen. Umgeben von einem Band, wie ein eingepacktes Geschenk mit Schleife zu Weihnachten, liegt es vor dem Betrachter. Ein Glücksfall für die Gemeinde Bischoffingen, meint Bürgermeister Gabriel Schweizer. Und geradezu wie ein Märchen muss es zumindest Geschäftsführer Armin Sütterlin vorkommen.

Armin Sütterlin (li.), Wolfgang Münzing

Armin Sütterlin (li.), Wolfgang Münzing

Die Energieversorgung sollte CO2-neutral erfolgen. Und gemäß Businessplan soll das Unternehmen auch einmal schwarze Zahlen schreiben, würde es doch ansonsten vom Finanzamt als Liebhaberprojekt eingestuft und mit zusätzlichen finanziellen Lasten belegt werden. Der erste Punkt wurde bereits erfüllt. Mit der Holzpellet-Heizung und 30-KW-Photovoltaikanlage wird die CO-Neutralität sogar übertroffen, indem 2000 Kilogramm CO2 eingespart werden. Das Hauptdach ist weitgehend begrünt. Das auf einer mit Kies bedeckten Teildachfläche anfallende Regenwasser wird in Zisternen gesammelt und zur Bewässerung umliegender Rebflächen genutzt.

Und ganz wie im Märchen verläuft die Entstehungsgeschichte des neuen Weinguts Abril dann doch wieder nicht. Probegrabungen auf dem Baugrundstück bringen jeweils steinzeitliche Funde zu Tage.

Ein Märchen - für die Archäologen - beginnt! Räumt man ihnen bei staatlichen Autobahnprojekten gerade einmal wenige Wochen zur Rettung des Nötigsten ein, arbeiten sie schließlich ein Jahr lang unter hohen finanziellen Einbußen der wohlwollenden Bauherren auf dem Grundstück. Schließlich wird das älteste Steinzeitdorf im Breisgau freigelegt, besiedelt vor 7500 Jahren. Neben den aus dem Lößboden freigelegten Hausgrundrissen aus dem Neolithikum finden sich Keramikscherben, Werkzeuge und sogar ein Hockergrab. Von den Verzierungen auf den Geschirrüberresten leitet sich  der Name der damaligen „Bandkeramischen Kultur“ ab.

Für Sütterlin ergeben sich auch interessante Erkenntnisse für die Gegenwart. Auf dessen Frage, worauf einzelne Bodenverfärbungen beruhen, erhält er zur Antwort, dass diese der Aktivität von Mikroorganismen zuzuschreiben seien, die in ausgehobenen und wieder zugeschütteten Gräben ihre Aktivität unter dann veränderten Magnetfeldbedingungen entfalteten und somit selbst nach vielen tausend Jahren noch einen nachweisbaren Effekt auf den Boden haben.

Die bei den Ausgrabungen ans Tageslicht geförderten Fundstücke sollen später dem Besucher im Weingut zugänglich gemacht werden.

Auch während dieser Baupause geht der Betrieb weiter. Sind die sog. „garage wineries“ weltweit bereits ein Begriff, agiert Sütterlin für zwei Jahre gewissermaßen als „Zeltwinzer vom Kaiserstuhl“. Im Sommer unter gekühlten, im Winter unter geheizten Bedingungen, baut er seine Weine aus und erhält trotz dieser Widrigkeiten noch Auszeichnungen. Beim „EcoWinner 2012“ (Ecovin Bundesverband) belegt sein Rosé 2009 extra trocken in der Kategorie Sekt den zweiten Platz.


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