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07.November 2007

Kunst, Food & Fashion-People

Region:  DEUTSCHLAND
Von: Vincent Klink, Restaurant Wielandshöhe, Stuttgart

Zahlreiche Bücher und Kolumnen tragen seinen Namen. Für Werbung ist er - im Gegensatz zu vielen seiner umherkochenden Kollegen - auch nicht zu haben. Wenn ihn etwas begeistert oder ihm nicht gefällt, dann sagt er es auch. Vincent Klink! Hier ein Auszug aus seinem Online-Tagebuch:

Vincent Klink - schon beim Anflug auf Florenz
nicht vor dem Paparazzo gefeit.

Lange Zeit habe ich mich für Kunst interessiert, solange, bis mir die Lackaffen auf den Vernissagen zu sehr auf den Keks gingen. Ich stellte auch fest, dass Künstler sich irgendwelchen leseunfähigen reichen Leuten vor die Füße warfen und diese als Kulturmenschen anhimmelten. Wer nicht auf drei zählen konnte, stieß wenigstens ein gewaltiges: „Oh, Ah, diese formale Geschlossenheit, welche Kraft der Farben, zwingend kreativ...“ und so fort, aus. Dieses Vernissagenpublikum schmeißt sich nun auf die Kocherei, und was Köche nicht hinkriegen, die Foodfotografen schaffen es, Augenfreude und Zungenbetrug.

Wie es den Künstler als Hure gibt, so auch den Gastronomen. Heute kam Post ins Haus. Ein gewisses Zukunftsinstitut gibt dort die neuesten Trends bekannt. Diese “Food-Styles” haben jetzt auch ganz trendige Namen: “New Fusion Food“, „Convenience 2.0“, „Trusted Food“, „Food ’n’ mind“, „100 Meilen-Diät“, „Sen-satt-ion“, „Ess-Thetik“ und „Pleasure-Food“.

Die sogenannten Unterschichten, dazu gehören auch gestylte, geistige Tiefflieger, inclusive all die bekloppten Fashion-People, für die extra der People-Journalismus erfunden, und der jede Menge der nötigen Stoffwechselprodukte liefert.

Ob ich mich aufrege? Nö überhaupt nicht, kann gerade noch das Lachen verhalten. Es ist nämlich so, dass ich von solchen Trends gar nichts groß erfahre. Ein gutes Gasthaus ist ein Ort, der mit Gästen gefüllt ist, die gegen doofen Lifetyle resistent sind. Die Rede ist nicht von temporärem Einmalpublikum, entscheidend sind die Wiederholungstäter.

Der deutsche Genießer hat heute mit den umliegenden Ländern an Wissen längst gleichgezogen. Das ökologische Bewusstsein ist sogar ausgeprägter als in jedem Land der Welt. Es gibt nichts zu meckern hier, die Nische der Feinschmecker ist breit.

Die Mehrzahl allerdings - und das ist auch ein Stück Freiheit - die ist blöd und will es bleiben. Wir leben in einer Demokratie und jeder hat auch ein Recht auf Nichtwissen. Wer diese Leute verarscht, muss sich natürlich ständig etwas Neues einfallen lassen, denn total dumpf sind nur die Wenigsten.

Die Leute gehen einem Beschiss nur einmal auf den Leim. Deshalb die ganze Hektik um Trends und Moden und Zukunftsforschung des Essens und Trinkens. Molekular ist schon fast perdu, es muss eine neue Sau durchs Dorf getrieben werden.

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