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Deutschland - Vincent Klink - Wielandsöhe Stuttgart

Jakobsmuscheln - von Vincent Klink

Ich erinnere mich noch gut der ersten Jakobmuscheln. Es war ein in der großen Muschelschale in Käsesauce eingebettetes Etwas.   

Die Ware war gefroren angeliefert, aufgetaut, unter der Grillschlange gegart, und dann final gratiniert. Das Resultat kann man heute noch in schlechten Restaurants in Frankreich erleben. Die Muschel zäh wie ein Autoreifen und statt gratiniert könnte man auch das Wörtchen ruiniert treffend anbringen. Dies wird der Grund sein, warum in alten Kochbüchern kaum etwas über Jakobsmuscheln zu erfahren ist. Werden nämlich Jakobsmuscheln durchgegart, sind sie nahezu ungenießbar und von unzerstörbarer Konsistenz.

Mit der modernen Küche kamen kurze Garzeiten, und diese schöne Muschel, deren Schale beispielsweise die Benzinfirma im Wappen führt, wurde zum Lieblingsobjekt kennerischer Genießer. Gegessen wird der breite Verschlußmuskel, mit der die Muschel sich öffnet und schließt. Er ist sehr zart, solange man ihn nicht durchgart. Das orangegelb-weiße Zäpfchen, das dranhängt, sind die zwittrigen Fortpflanzungsorgane. Glückliche Muscheln, Geschlechterkampf kennen sie nicht. Jakobsmuscheln sind Männchen und Weibchen in Einem. Orangenfarbig die Frau, weiß der Mann. Kenner schätzen das intensive Aroma dieses Anhangs über die Maßen, der in der Winterzeit weitaus verführerischer schmeckt als im Sommer.

Den Namen verdanken diese Meersfrüchte dem Heiligen Jakobus. Wie biblische Schriften berichten, wurde er in Rom ans Kreuz geschlagen, seine malträtierter Körper danach in ein kleines Boot gelegt. Dies trieb übers Mittelmeer, rund um Spanien und strandete in Santiago de Compostela (Santiago = Sankt Jakob). Der Körper des Heiligen lag am Strand und war über und über mit Muschelschalen bedeckt.

Die Jakobsmuschel, gehört zur Familie der Kamm-Muscheln (Aequipecten opercularis), die in vielen Varianten in fast allen Meeren lebt. Neben der großen Pilgermuschel, die wir Gourmets so lieben wird vor allem in Italien und Frankreich noch die kleine Petoncle, Chlamys varia, gefischt. Sehr große "Coquilles St. Jacques"" gedeihen vor der Westküste Schottlands. Kamm-Muscheln haben eine gewölbte linke Schalenklappe und eine flache rechte, die im Wasser oben liegt. Die Schalen haben außen Radialrippen und sind innen wie Porzellan und ihre Berühmtheit verdanken sie auch dem Gebrauch als Trinkgefäß.

Jakobsmuscheln haben ganz und gar nichts mit Pfahlmuscheln zu tun, die sich gerne im Brackwasser tummeln. Magenverstimmungen und Risiken, die man berechtigterweise den Muscheln zuordnet, treffen auf Jakobsmuscheln nicht zu. Diese können nur in absolut reinem Wasser leben und sind deshalb nur noch in sauberen Meeresbuchten anzutreffen. Deshalb rar und teuer.

Vincent Klink, 2002

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